Alles, was danach kam
- lara
- 1. März 2020
- 4 Min. Lesezeit

Irgendwie tut es mir weh, zu sehen wie mein Blog langsam aber sicher in Vergessenheit gerät und verschwindet. Ich habe gesehen, dass es immer noch jemanden gibt, der meinen Blog aufruft - um genau zu sein, fünf Leute im Februar (einer davon war wahrscheinlich ich, aber egal) und für euch werde ich jetzt noch einmal etwas schreiben. Weil es mit leid tut, dass ich so plötzlich aufgehört habe mich zu melden. Als ob, sobald ich zuhause war, das alles meiner Vergangenheit angehören würde.
Denn so ist das nicht.
Ich hatte eigentlich vorgehabt, nach ein, zwei Wochen zuhause noch einmal zu berichten, wie ich mich eingelebt habe und wie es mir jetzt geht, aber ich muss sagen, heimkommen verlief doch ganz anders, als ich es erwartet hatte. Nicht negativ, falls ihr das jetzt denkt.
Bevor ich heimgefahren bin, habe ich mir natürlich ein paar Gedanken gemacht, darüber wie es wohl sein wird und was vielleicht komisch oder unangenehm werden könnte.
Ich hatte mir keine Sorgen gemacht, dass ich Probleme haben würde, mich zuhause wieder wohlzufühlen, aber ich hatte durchaus befürchtet, dass ich vielleicht Schwierigkeiten haben würde, Dänemark loszulassen.
Aber als ich ankam, (der wahrscheinlich emotionalste Tag meines Lebens bis jetzt) war es ganz anders. Also nicht direkt an dem Abend. Der Abend, an dem ich nach Hause kam, war bunt und grell und surrealistisch. Aber danach; danach war alles so wie vorher. Als ob ich nie weggewesen wäre. Was natürlich nicht schlecht ist, weil meine Sorgen unbegründet waren und ich mich sofort wieder wohlgefühlt habe, aber irgendwie…
Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass der dänische Teil von mir irgendwie nicht da war, oder als ob ich nie einen dänischen Teil hatte und deshalb nichts vermisste. Kurz und knapp, ich vermisste Dänemark überhaupt nicht. Und ich kam mir so unglaublich schlecht vor. Die Leute haben mich gefragt: "und, bestimmt vermisst du Dänemark sehr, oder?" und ich habe genickt und ja gesagt und mich gefragt, was ich das ganze Jahr dort oben gemacht hatte.
Erst ungefähr drei Monate, nachdem ich heimgekommen war, veränderte sich etwas. Ich weiß nicht genau, was es war oder was das ausgelöst hat, vielleicht war es die Nachbereitungstagung mit meiner Organisation, oder vielleicht war es, als die Schule wieder anging und alles plötzlich wieder so furchtbar stressig wurde, ich weiß es nicht - auf jeden Fall fing ich an, Dänemark und alle Menschen dort und die Schule und das Meer und meine Lieblingsbücherei und die Sprache und Hindbærsnitter und alles so sehr zu vermissen. Oder vielmehr war es so, dass da so viel Dänemark in mir war und ich nicht genau wusste, wie ich das hier in Deutschland rauslassen kann. Wenn ihr wisst, was ich meine.
Aber jetzt habe ich Wege gefunden, wie ich Dänemark in die kleinen Dinge in meinen Alltag integrieren kann: ich schaue dänische Serien auf Netflix, höre dänische Musik, ich folge meiner dänischen Schule auf Instagram, ich war auf der Lesung eines dänischen Autors,… und das Beste ist, wenn man ganz zufällig auf etwas Dänisches trifft, wie letztens, als in meiner momentanen Lieblingsserie plötzlich zwei Dänen einen Gastauftritt hatten….
Und natürlich habe ich noch Kontakt mit meiner Gastfamilie und meinen Freunden in Dänemark (vielleicht nicht immer so regelmäßig; ihr wisst, dass ich manchmal vergesse, gleich zu antworten) aber immer mal wieder.
Im Oktober hat mich außerdem meine Gastfamilie hier besucht, was wirklich schön war. Sie haben meine Familie kennengelernt und ich habe ihnen Nürnberg gezeigt.
Eine andere Sache, die mich irgendwie … gestört hat, ist, dass mein Austauschjahr langsam aus dem Fokus gleitet. Ich meine damit, dass es jetzt nicht länger so ist, dass die Leute, die mich treffen zu mir sagen: "Du bist doch die, die in Dänemark war, oder?" Das klingt jetzt unheimlich egozentrisch, aber ich habe es anscheinend sehr genossen, diese Art von Aufmerksamkeit zu haben und jetzt… jetzt bin ich einfach wieder ein 17-Jähriges Mädchen, dass in die elfte Klasse geht.
Ich glaube auch, dass ich meinem Jahr vielleicht etwas zu viel Bedeutung beimesse. Erst als die Leute mich nicht mehr darauf angesprochen haben, ist mir klar geworden, wie sehr ich mich damit identifiziere, das Mädchen zu sein, das in Dänemark war.
Aber ich habe auch einen Weg gefunden, wie ich weiterhin das Mädchen aus Dänemark sein kann: ich arbeite jetzt ehrenamtlich für meine Austauschorganisation. Ich habe bis jetzt Schulvorträge gehalten und bei mehreren Auswahlen geholfen und dabei zukünftige Austauschschüler kennengelernt. Und ich habe mich außerdem für eine Vorbereitungstagung Ende Mai angemeldet.
Das ist so ein Seminar, wie auch ich es hatte, bevor ich nach Dänemark gefahren bin, nur dass ich diesmal als Ehemalige dabei sein werde und ganz viel von Dänemark erzählen kann. Ich bin schon wirklich aufgeregt deswegen.
Ich habe jetzt doch mehr geschrieben, als ich vorhatte. Anscheinend liegt mir doch noch einiges auf der Seele.
Mal schauen, ob ich mich mal wieder melde… vielleicht wenn ich irgendwann mal den Führerschein habe und nach Dänemark fahre. Wir werden sehen.
Ich muss dazu sagen, dass ich jetzt aber schon wieder eine neue Leidenschaft gefunden habe: ich möchte unbedingt Schwedisch lernen und irgendwann mal für einige Zeit in Schweden leben. Aber wenn ich genau darüber nachdenke, will ich auch gerne mal in Frankreich und London wohnen.
Ich habe also noch einiges vor, vielleicht hat dieser Blog also doch noch eine Chance!
Alles Liebe, eure Lara
das Mädchen, das in Dänemark war
Und vielen Dank an die, die immer noch meinen Blog lesen.
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