ein ganz normaler Morgen
- lara
- 11. Mai 2022
- 3 Min. Lesezeit
Um 6.30 Uhr klingelt meine Handyalarm. Ich kann es mir genau einmal erlauben, auf Snooze zu drücken. Beim zweiten Klingeln um 6.37 Uhr muss ich allerspätestens aufstehen.
Alternative Storyline:
Um kurz nach sechs wecken mich die Kleinen im Zimmer nebenan, indem sie unnötigen Lärm machen. Wenn das der Fall ist werfe ich einen genervten Blick auf die Uhrzeit, schnappe mir meinen Morgenmantel und schlurfe ins Nebenzimmer, wo ich versuche so autoritär wie es einem eben möglich ist, wenn man noch halb schläft und niemanden sonst aufwecken will, die Kleinen zurechtzuweisen, dass sie doch bitte den Schlaf der anderen zu respektieren haben.
Schlaf ist eins der wenigen Dinge, die man hier nicht im Übermaß findet - aber das ist okay - Kaffee im Gegensatz dazu nämlich schon.
Um fünf vor sieben mache ich mich auf den Weg nach unten; um sieben fängt offiziell meine Schicht an. Wenn besagte Kinder schon wach sind, dürfen sie mit mir kommen. Im Speisesaal im Erdgeschoss treffe ich auf die beiden Erzieher*innen, die die Morgenschicht haben und bereits bei ihrer ersten oder zweiten Tasse Kaffee sind. Außerdem vorzufinden sind: ein großer Stapel bereits geschmierter Nutellabrote, eine Kanne kalter Kakao, und ein, zwei Kinder, die entweder besonders früh los müssen, oder am Morgen besonders lang brauchen.
Meisten habe ich dann um die zehn Minuten Zeit, eine Tasse Kaffee zu trinken und mich mit den Erzieher*innen zu unterhalten, bevor alle anderen Kinder geweckt werden, die dann ebenfalls zum Frühstücken kommen.
Jetzt geht es wirklich an die Arbeit. Die nächsten 45 Minuten sind laut und hektisch und fühlen sich meistens wie ein ganzer Tag an. Ich bin damit beschäftigt, Kakao und Brote zu verteilen, den Kleinen beim Anziehen zu helfen, sie beim Zähneputzen zu überwachen, eventuelle Schnarchnasen anzutreiben, darauf zu achten, dass niemand mit Schokolade an der Nase das Haus verlässt und schließlich um 8 Uhr einen der Kleinen zur Schule zwei Häuser weiter zu begleiten. Ist dann auch eine*r der Erzieher*innen mit allen anderen Kindern im Schlepptau losgefahren, um sie zur Schule zu bringen, kehrt wieder Ruhe ein.
Alternative Storyline:
eines (oder wenn du Pech hast gleich mehrere) der Kinder entscheiden sich, dass ihnen ihr Pulli nicht gefällt oder sie unter allen Umständen ihr Nutellabrot selber schmieren wollen und beginnen, sich aufzuführen. Dann kommt zu den Ermahnungen "Beeil dich " und "Setz dich ordentlich hin" auch noch "dann gehst du halt im Schlafanzug zu Schule" dazu.
Ab 8 Uhr bin ich damit beschäftigt, zusammen mit der*dem anderen Erzieher*in für Ordnung im Haus zu sorgen: wir spülen die blauen Plastikbecher ab, entfernen die Kakaoränder auf den Tischen, lüften in den Zimmern der Kinder und kümmern uns um die Wäsche.
Danach, so gegen 9 Uhr, wird die zweite (oder dritte) Tasse Kaffee getrunken; jetzt sind auch die Köchin, die Sekretärin und der Hausmeister eingetroffen und, in der Küche an den Tresen gelehnt, unterhalten wir uns über die Kinder, das Wetter, oder was heute alles noch getan werden muss.
Wenn ich nach Schichtende wieder in meinem Zimmer bin, schreibe ich schnell meine Notizen auf und lade sie auf der Plattform hoch, die von den Erzieher*innen genutzt wird, um festzuhalten, was passiert ist und falle dann - je nachdem, wann ich geweckt wurde und wie spät ich am Abend vorher schlafen gegangen bin - nochmal für eine Stunde ins Bett.

eine sehr müde Lara, die an einem Freitag um 7.53 Uhr im Bad der Mädchen darauf wartet, dass besagte Mädchen endlich angezogen sind und zum Zähne putzen kommen.
Warum mir das Krokodil Gesellschaft leistet,
weiß ich auch nicht so genau.
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