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Kisten voller Chaos

  • Autorenbild: lara
    lara
  • 29. Aug. 2022
  • 1 Min. Lesezeit



Die Packung ist aufgerissen und jetzt liegen die Herzchen-Bonbons auf meinem Bett verstreut. Ich sammle sie auf und weiß nicht genau, wie ich mich fühle. Mein ganzes Leben ist in diversen Koffern, Taschen und Kisten verpackt, die Aufschriften tragen wie: 'brauche ich noch' oder 'lasse ich in Belgien' oder auch 'weiß nicht genau, was ich damit anstellen soll'.

Dienstag früh werde ich mit gutgemeinten Zukunftswünschen und einer 50cm großen Pappgiraffe unter dem Arm aus der Tür treten und nach einem letzten Blick auf das alte Haus ins Auto steigen und nach Hause fahren. Nach Hause in diesem Fall Mittelfranken, Steinbach, Holzhaus mit roten Fensterrahmen.

Die weiße Wand über meinem Bett erdrückt mich. Die Postkarten und Ausmalbilder, die dort einmal hingen, sind bereits in der Tasche 'kommt erst am Dienstag ins Auto, weil noch Platz'. Mein Zimmer, das ohne mein (ja, sprechen wir es aus!) Chaos plötzlich ganz leer und groß scheint, hat mich schon der langen Reihe ehemaliger Freiwilligen zugeschrieben, und ist bereit, sich die Gefühle und Gedanken meiner Nachfolgerin anzueignen, um ihr Zufluchtsort zu werden.

Wie viele junge Menschen in genau diesem Raum schon gehofft, geträumt, geweint und gewünscht haben?

Nur ich scheine im Moment keinen richtigen Zugang zu meinen Gefühlen zu bekommen, bin immer noch dabei, herauszufinden, in welche Kiste ich sie gepackt habe.

Leise Schritte auf dem Flur, der Lichtschalter im Bad. Ich bin wohl nicht die Einzige, die heute Nacht nicht schlafen kann. Das Wlan ist mal wieder plötzlich einfach weg; es ist als ob das Haus selber mir etwas mitteilen will.

Ich knipse meine Nachttischlampe aus.

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