meine Arbeit/ mein Zuhause
- lara
- 15. Feb. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Ein paar Worte dazu, wie es ist, wenn dein Wohn- und Arbeitsplatz ein Kinderheim sind:
Du bist so gut wie nie allein
Du hast uneingeschränkten Zugang zu Kaffee, weil außer den Kindern wirklich jede*r Kaffee trinkt
Es kann gut passieren, dass du auf dem Weg zu deinem Zimmer über diverse Spielzeughaufen stolperst
Wenn du dir nachts Snacks aus der Speisekammer holen willst, musst du seeehr leise sein, weil du entweder die Kinder oder die Betreuenden aufweckst
Es wird empfohlen, ein paar Snacks für alle Fälle in deinem Zimmer zu bunkern. Wenn du nämlich im zweiten Stock wohnst, ist die Vorratskammer sehr weit entfernt.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass deine Handtücher oder Bettwäsche einen Hello-Kitty-aufdruck haben
Du wirst sehr viele Nutella- und Käsebrote essen
Es kann durchaus vorkommen, dass du von Kindergeschrei geweckt wirst
Wenn du dich mal einsam fühlst, kannst du darauf zählen, dass es immer jemanden gibt, der sich freut dich zu sehen
Neben Kindergeschrei in der Nacht, kommst du eventuell auch in den Genuss von Kindergeschrei am Abend und Kindergeschrei am Morgen; du lernst ziemlich schnell, Lärm nicht mehr wahrzunehmen (eine Fähigkeit, die dir im Leben noch sehr viel Gutes bringen wird)
Irgendwann hast du so gut wie jeden Disneyfilm auf Französisch gesehen
Es ist immer was zu essen im Haus
Wenn es Pfannkuchen gibt, gibt es wirklich wirklich viele Pfannkuchen
Du musst genau planen, wann du duschen willst, weil es sonst sein kann, dass das Bad einen ganzen Nachmittag durchgängig besetzt ist
Du lernst deine Privatsphäre zu schätzen und zu verteidigen
Wenn jemand Corona hat, ist es wirklich kacke, weil das dann automatisch ALLE im Haus betrifft (ich habe meine zweite Woche hier in einer quasi-Quarantänte verbracht)
Es kann manchmal schwer sein, Arbeit und Freizeit zu trennen, deshalb ist es umso wichtiger, dir deine Privatsphäre zu bewahren
Ein komplett neuer Look muss her; jetzt ist stylische Homewear gefragt. Du willst nämlich sicher nicht in deiner gammligen alten Jogginghose zum Essen gehen, und dann feststellen, dass ausgerechnet heute alle Kinder, drei Erzieher*innnen und zwei Praktikant*innen mitessen.
Es gibt einen unerschöpflichen Vorrat an rosa Zahnpasta
Du kannst dir sicher sein, dass du eine Umarmung bekommst, wenn du mal eine brauchst
Da dein Wohn- und Arbeitsplatz ein und derselbe sind und im Keller außerdem ein großer Vorrat an Snacks, Hygieneartikeln und Haushaltswaren vorhanden ist, gibt es für dich eigentlich keinen Grund, das Haus zu verlassen.
Du lebst in einem Mikrokosmos, in dem alles, was du brauchst in einem großen Haus zu finden ist - Maslow wäre durchaus zufrieden. Aber Maslow ist auch schon wieder überholt, oder nicht?
Was ich sagen will, ist: Manchmal vergesse ich, dass die Welt da draußen noch existiert; oder besser: manchmal habe ich das Gefühl, meinen Zugang zur Welt außen zu verlieren.
Aber
so negativ, wie das jetzt klingen mag,
im Grunde ist das Leben hier ein bisschen wie in einer riesigen, chaotischen Familie (und das kenne ich ja).
Es ist ein lebendiger Ort, an dem dir, sobald du deinen Platz gefunden hast, Zuneigung entgegengebracht wird und jede*r akzeptiert wird.
Und ist das nicht eine gute Voraussetzung für ein Zuhause?

und für alle, die sich gewundert haben: ja, this is it
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