Die Odyssee
- lara
- 5. Sept. 2020
- 3 Min. Lesezeit
Den Mann nenne mir, Muse, den vielgewandten, der gar viel umgetrieben wurde, nachdem er Trojas heilige Stadt zerstörte.

Wie versprochen kommt jetzt endlich auch der Blogeintrag zur Odyssee. Rezensieren ist irgendwie der falsche Ausdruck, finde ich, wenn es um so ein altes und bedeutendes Stück der Literatur geht wie Homers Odyssee, deshalb werde ich hier eher ein paar der Gedanken teilen, die mir während und nach dem Lesen gekommen sind.
Um einmal kurz den Inhalt zusammenzufassen: Die Odyssee beschreibt Odysseus Heimkehr nach dem Trojanischen Krieg, die sich aufgrund verschiedener Vorkommnisse über 10 Jahre erstreckt. Das ist wirklich eine lange Zeit, vor allem wenn man bedenkt, dass er davor schon zehn Jahre lang vor Troja gekämpft hat.
Man kennt ja ungefähr die Story von Odysseus, hat bestimmt schon mal von den Zyklopen, den Sirenen und von Circe gehört. Aber ich habe sehr schnell festgestellt, dass die Handlung weit komplexer und umfassender ist, als man zuerst annimmt. Es wird nicht geradlinig Odysseus Heimkehr beschrieben, sondern vielmehr verknüpft Homer verschiedene Handlungsstränge und erzählt Odysseus Geschichte in einigen Rückblenden.
Wichtig für den Plot ist zum Beispiel Telemachos, der Sohn des Odysseus, der sich auf die Suche nach seinem Vater begibt und dabei auf einige Probleme stößt; er trägt, genau wie auch die Freier, die seit Jahren um Odysseus Frau Penelope werben, einen wichtigen Teil zur Handlung bei.
Ich muss zugeben, dass es teilweise wirklich anstrengend war, dabei zu bleiben und das Buch nicht einfach zur Seite zu legen. Die Sprache ist, obwohl in Prosaform anstelle der ursprünglichen Hexameter geschrieben (ich habe die Übersetzung von Wolfgang Schadewaldt gelesen), gewöhnungsbedürftig. Es werden tausend Namen genannt von Menschen, Städten, Königreichen und Göttern, die man sich niemals merken kann, und ab und zu stolpert man über Sätze wie "welch Wort entfloh dem Gehege deiner Zähne". Dazu kommt noch, dass manche Stellen sich unglaublich ziehen, und es anscheinend niemand schafft, sich in einem Gespräch auf ein oder zwei Sätze anstatt einer halben Seite zu begrenzen. Manche Sätze oder Abschnitte wiederholen sich auch einfach wortwörtlich bestimmt fünfmal im ganzen Buch… das klingt jetzt nicht besonders motivierend, ich weiß. Ich bin aber noch nicht zu den Dingen gekommen, die mir gefallen haben. Denn für die Leute, die wirklich interessiert an der Odyssee sind, hat das Buch auch viel zu bieten.
Die Odyssee ist eines der ältesten überlieferten Werke der abendländischen Literatur. Wenn man sich das vor Augen führt, ist es doch umso erstaunlicher, wie spannend und fantasievoll Odysseus Abenteuer für uns heute noch sind. Und allem voran steht Odysseus, ein Protagonist, der mich während dem Lesen und danach noch fasziniert hat. Er, der als "kraftvolles Schlitzohr", "listenreicher Trojabezwinger", Abenteurer und "das Urbild des Europäers" bezeichnet wird, hatte er nicht manchmal einfach nur unglaubliches Glück? Konnte er nicht in so vielen Situationen auf die Hilfe der Götter zählen? Kann man nicht sogar so weit gehen und ihn zuweilen als Spielfigur der Götter bezeichnen, die ihre eigenen Pläne und Konflikte hatten? Und, was mich besonders gestört hat, hat er nicht einfach in Kauf genommen, dass die Skylla sich sechs von seinen Gefährten geschnappt hat? Nun, ich persönliche erwarte von einem listenreichen Schlitzohr eigentlich schon eine schlaue Lösung, wie er und seine Männer heil der Skylla entkommen können.
Das habe ich mir während dem Lesen gedacht, aber als ich darüber mit meinem Vater gesprochen habe, meinte er: „Ist es nicht gerade eine unglaublich wichtige Eigenschaft, zu wissen, wann man etwas tun kann und wann man die Situation annehmen muss wie sie ist?“
Vielleicht ist es also gerade das, was Odysseus zu einem Helden macht: die Tatsache, dass er Entscheidungen getroffen hat; dass er wusste, wann er auf die Götter vertrauen kann und wann er selber eingreifen muss; dass er Hilfe anzunehmen weiß.
Ich denke, wir können sagen, dass Odysseus ein moderner Held war, der, im Gegensatz zu z.B. Achilles sich nicht über seine Leistungen im Kampf und seinen Mut definiert hat, sondern sich auf seine Intelligenz und Logik verlassen konnte.
Das macht ihn doch gleich viel sympathischer, oder nicht? Ich persönlich bin ein Fan von Odysseus.
Jetzt habe ich doch mehr geschrieben, als ich vorhatte; danke an alle, die sich den Beitrag bis hier durchgelesen habe:)
Mein Fazit ist, dass die Odyssee wirklich lesenswert ist, wenn man eine gewisse Begeisterung und Motivation dafür mitbringt. Denn sie ist ganz sicher kein Buch, dass man einfach mal nebenbei liest.
Oh, und noch eine Sache: für alle, die sich besonders für die griechische Mythologie interessieren, habe ich eine Podcast-Empfehlung: hört euch Let’s Talk About Myths, Baby! an. Ein Podcast über die griechische Welt, die Götter, Helden und Legenden aus dieser Zeit, der mich im Endeffekt auch dazu motiviert hat, die Odyssee zu lesen.
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